Ratgeber Schärfwerkzeuge
Das beste Schneidwerkzeug nützt wenig, wenn es nicht ordentlich scharf ist. Die erzielbare Schärfe hängt von der kristallinen Struktur des Stahls, von der Schneidengeometrie, vom Schärfmittel und nicht zuletzt vom Können des Schärfers ab. In diesem Beitrag haben wir die wichtigsten Informationen sowie hilfreiche Tipps zu Schärfwerkzeugen zusammengetragen.
Manche sehen im Schärfen eine fast mystische künstlerische Tätigkeit. Auf jeden Fall gilt: Wie bei allen manuellen Tätigkeiten, so gilt besonders für das Schärfen: Übung macht den Meister!
1. Vor dem Kauf
1.1. Nass oder trocken schärfen?
Gehärtete Stähle dürfen beim Schärfen nicht heiß werden. Bei ca. 670°C kommt es zur Gefügeumwandlung und damit zu einem völligen Härteverlust. Doch bereits bei wesentlich geringeren Temperaturen (ab 150°C), bei denen sich die Klinge selbst oft nur handwarm anfühlt, kann durch Kohlenstoffdiffusion eine deutliche Verschlechterung der Standzeit auftreten. Das Risiko der Überhitzung steigt mit der Härte und dem Kohlenstoffgehalt des Stahls (Ausnahme: HSS-Stähle).
Wir empfehlen daher das Schärfen auf Wassersteinen von Hand oder mit wassergekühlten Maschinen, wobei keine nennenswerte Erhitzung des Stahls auftritt.
1.2. Hart oder weich?
Je weicher die Steine sind, umso effektiver schleifen sie, da durch eine lockere Bindung laufend frische Schleifpartikel freigesetzt werden. Aus diesem Grund arbeiten z. B. die offenporigen japanischen Wassersteine wesentlich schneller als der harte Arkansas-Stein.
Offenporige Steine müssen allerdings auch öfter abgerichtet werden, unterliegen also einem höheren Verschleiß. Harte Steine (z. B. Arkansas, Grauer Brocken) sind bei Bildhauereisen von Vorteil, da sie nicht so leicht durch die gekrümmten Schneiden beschädigt werden. In der Regel gilt jedoch: Je härter der Stahl - desto weicher sollte der Stein sein.
1.3. Körnung?
Umso härter der Stahl ist, umso geringer ist in der Regel auch der Verschleiß an der Schneide und die Gratbildung. Die sehr harten japanischen Klingen lassen sich daher auch von Hand relativ schnell schärfen, unter Umständen reicht sogar ein regelmäßiges Abziehen bei nachlassender Schnittschärfe.
Man verwendet Steine der Körnung 80 - 220 zum Schruppen (grobe Formgebung, Herausschleifen von Riefen oder Ausbrüchen), Körnung 800 - 2000 zum Schärfen, Körnung 3000 - 8000 zum Abziehen und Polieren.
Die Schneide wird um so schärfer, je feiner der verwendete Abziehstein ist.
1.4. Hand oder Maschine?
Bei stärkerem Verschleiß und Reparaturen ist die Verwendung einer wassergekühlten Schärfmaschine (z. B. Tormek) von Vorteil. Sie bietet zudem auch Ungeübten die Möglichkeit, mit entsprechenden Einspannvorrichtungen den Schneidenwinkel exakt einzuhalten.
Beim Abziehen mit dem Stein von Hand erzielt man im Vergleich zum Abziehen auf einer Maschine mit einer Filz- oder Lederscheibe in der Regel eine höhere Standzeit, da Letzteres nur ein Poliervorgang ist, bei dem der Grat nicht spanend abgetragen wird. Zudem wird durch den Stein eine Mikroabrundung der Schneide vermieden. Aus diesem Grund verwendet z. B. der japanische Schwertpolierer keinerlei weiche Schleifmittel.
1.5. Wasser oder Öl?
Die Zugabe einer Spülflüssigkeit (Wasser, Petroleum oder Öl) dient dazu, den Abrieb wegzuspülen und so die Schleifwirkung des Steins zu erhalten. Wasser, wie für die japanischen Steine empfohlen, erfüllt diese Aufgabe am besten. Zudem ist es überall erhältlich, bereitet keine Entsorgungsprobleme, hinterlässt keine Flecken und ist hautneutral. Da Werkzeugstähle nicht rostfrei sind, sollte die Klinge nach dem Schärfen mit Wasser sorgfältig getrocknet werden.
Schärfen, mehr als ein notwendiges Übel?
Scharfes Werkzeug ist eine selbstverständliche Voraussetzung für genaue und saubere Arbeit. Doch auch das Schärfen selbst kann mehr sein als eine lästige Pflicht. Das Schliffbild gibt uns Einblick in das Innenleben des Stahls, in den Fingerspitzen spürt man die Interaktion zwischen Klinge und Stein, am Geräusch hört man, ob die Paarung harmonisch ist.
Geduld und Konzentration wird durch das Erfolgserlebnis einer rasiermesserscharfen Schneide belohnt. Schärfen ist eine Grenzwerterfahrung, die alle Sinne herausfordert und letztendlich auch Spaß macht.
2. Die Schärfsteine
2.1. Japanische Schärfsteine, synthetisch (Toishi)
Die synthetischen japanischen Wassersteine finden wegen ihrer ausgezeichneten Schärfleistung immer mehr begeisterte Anwender. Durch die relativ weiche Bindung und die offenporige Struktur der Steine werden während der Bearbeitung laufend frische Schärfpartikel freigelegt und damit maximale Schärfleistungen erzielt.
Das Schleifgranulat besteht aus Metalloxiden, Karbiden und Nitriden von hoher chemischer Reinheit, die in einer keramischen oder synthetischen Matrix gebunden sind. Die Steine eignen sich gleichermaßen für japanische oder europäische Schnittwerkzeuge und Messer. Bei Bedarf können sie mit Nassschleifpapier auf einer Glasplatte, oder noch besser mit dem Abrichtblock wieder plan abgerichtet werden. Die Steine werden vor Gebrauch 2 - 10 Minuten gewässert, sie können aber auch permanent im Wasser gelagert werden. Lieferung in der Regel mit Gebrauchsanleitung.
Die Vorteile:
- Kein Ausglühen der Schneide
- Keine Schneidenabrundung
- Beliebig feine Körnungen
- Hohe Schärfleistung
- Kein Öl auf den Werkzeugklingen
2.2. Japanische Natursteine (Tennen Toishi)
"Eine Klinge und der Schärfstein müssen zusammenpassen wie Braut und Bräutigam", behauptet der legendäre Schmied Shigeoshi Iwasaki. Die ideale Paarung zu finden, ist jedoch im einen wie dem anderen Fall keine leichte Aufgabe. Trotz der guten Eigenschaften der synthetischen Steine schwören viele erfahrene Werkzeugschärfer auf die Verwendung von Natursteinen. Gerade die japanischen Tennen Toishi zeichnen sich durch ihre harmonische Wechselwirkung mit handgeschmiedeten Karbonstählen aus. Sie bringen dabei nicht nur die Qualität der Klingen voll zur Geltung, sondern machen auch das Schärfen selbst zum sinnlichen Vergnügen.
Obwohl feine Steine aus der Honyama-Fundstätte zunehmend schwieriger zu beschaffen sind, verfügen manche Hersteller (z.B. Dick) über ein kleines Kontingent dieser Raritäten. Sie sind ausschließlich mit Wasser zu benutzen und frostsicher aufzubewahren. Ihre Struktur unterliegt natürlichen Schwankungen, die angegebenen Maße können etwas variieren.
2.3. Diamantsteine
Hochwertige monokristalline Diamantpartikel, eingebettet in einer Nickelmatrix, gewährleisten auch bei Bearbeitung härtester Werkzeugstähle einen raschen Abtrag. Ihr Einsatzgebiet umfasst das gesamte Spektrum hand- oder maschinenbetriebener Schneidwerkzeuge sowie Messer aller Art. Da die diamantbesetzten Schärfblöcke dauerhaft plan bleiben, eignen sie sich insbesondere für Werkzeuge mit geraden Schneiden sowie zur Herstellung planer Flächen (z. B. Spiegelseiten von Hobel- und Stecheisen, Hobelsohlen, Ziehklingen). Auch die Bearbeitung nichtmetallischer Werkstoffe wie Glas, Keramik, Carbide ist eine Domäne der Diamantsteine.
3. Schleifführungen
Zum Einspannen und winkelgenauen Schärfen von Stech- und Hobeleisen auf Blocksteinen. Mindest-Klingenlänge 60 mm. Für handgeschmiedete (z.B. japanische Klingen) nur bedingt geeignet.
Beispiele:
- Stanley-Schleifführung
- Zweihand-Schleifführung
4. Öle und Pasten
Hochwertige Klingen bestehen in der Regel aus unlegiertem Kohlenstoffstahl, der nicht rostfrei ist. Zur Konservierung dieser Stähle sollte man dünnflüssiges, säurefreies und nicht flüchtiges Öl verwenden.
- Japanisches Nelkenöl
Zur Langzeitkonservierung und zur Pflege von Schwertklingen. - Japanisches Kamelienöl
Hervorragender Rostschutz auch bei dünnstem Auftrag. - Sinensis, chinesisches Kamelienöl
Seit alters her wird in China aus dem Samen des Kamelienbaums ein dünnflüssiges Öl extrahiert, das vielseitigsten Anwendungen dient. - Polierpaste
Für Leder-Streichriemen oder Filz-Polierscheiben.
5. Schleiftipps aus der Praxis
- Wasser- und Ölsteine nicht gemischt verwenden.
- Steine pfleglich behandeln und plan halten.
- Wassersteine am besten ständig im Wasser lagern.
- Bei grober Schärfarbeit darf Druck ausgeübt werden.
- Beim Schärfen mit mittlerer und feiner Körnung nicht zu viel Spülen (die sich bildende Paste hat Polierwirkung) und mit immer geringer werdendem Anpressdruck schärfen.
- Pendel- und Schaukelbewegungen vermeiden. Geradlinig mit gleichmäßigen Zügen Schärfen.
- Eine Seite des Steins für gekrümmte Schneiden (z. B. Hohleisen) verwenden, die andere für gerade (z. B. Hobeleisen).
- Schärfe an einem frei gehaltenen Blatt Papier prüfen (es muß rissfrei geschnitten werden). Je weicher das Papier, um so schwieriger die Prüfung.
- Je härter und feinkörniger der Stahl, um so geringer ist die Gratbildung und der Aufwand beim Abziehen.
6. FAQ Schärwerkzeuge
Was ist der Unterschied zwischen einem Wasserstein und einem Ölstein?
Wassersteine sind für ihre sanfte Schleifwirkung bekannt und benötigen Wasser als Schleifmittel, während Ölsteine ein Öl benötigen, um die Poren des Steins frei von Schleifabfällen zu halten. Ein Wasserstein bietet oft eine feinere Körnung für das Finish, während Ölsteine robuster sind und schneller Material abtragen.Wie oft sollte ich meine Schärfwerkzeuge reinigen?
Es ist ratsam, Schärfwerkzeuge nach jedem Gebrauch zu reinigen. Dies verhindert die Ansammlung von Schleifstaub, der die Effektivität mindert. Ein sauberes Werkzeug ist ein glückliches Werkzeug!Kann ich alle Arten von Messern mit dem gleichen Schärfwerkzeug schärfen?
Nicht unbedingt. Verschiedene Messerarten benötigen unter Umständen spezielle Schärfwerkzeuge. Japanische Messer beispielsweise profitieren von feinkörnigen Wassersteinen, während robustere Messer wie Jagdmesser mit einem diamantbeschichteten Schärfer gut zurechtkommen.Was ist der Vorteil von Diamantschärfern?
Diamantschärfer schneiden durch die härtesten Materialien wie Butter und bieten eine schnelle und effiziente Schärferfahrung. Sie sind besonders nützlich für Werkzeuge, die regelmäßig schwere Beanspruchung erleiden.Wie verhindere ich das Überhitzen des Metalls beim Schärfen?
Das A und O ist die Geduld! Langsam und mit wenig Druck arbeiten, um Überhitzung zu vermeiden. Zudem hilft das häufige Benutzen von Wasser oder Öl, um das Metall während des Schärfens kühl zu halten.Was bedeutet "Körnung" bei Schärfsteinen?
Die Körnung eines Schärfsteins gibt die Feinheit der Schleifpartikel an. Je höher die Körnungszahl, desto feiner das Schleifergebnis. Für das Grobschleifen startet man oft bei einer niedrigeren Körnung und arbeitet sich hoch.Wie bewahre ich Schärfwerkzeuge am besten auf?
Trocken und sauber! Feuchtigkeit ist der Erzfeind guter Schärfwerkzeuge. Eine staubfreie Umgebung und gelegentliches Ölen der Metallteile halten die Werkzeuge in Schuss.Wie erkenne ich, dass ein Schärfstein ausgewechselt werden muss?
Wenn der Stein uneben wird oder deutliche Abnutzungsspuren zeigt, ist es Zeit für einen Wechsel. Ein guter Schärfstein ist eben und frei von tiefen Rillen.Kann man Schärfsteine wieder glätten?
Ja, durchaus! Mit einem Abrichtstein oder einer Abrichtplatte lässt sich die Oberfläche eines abgenutzten Schärfsteins wieder herstellen.Welche Sicherheitsvorkehrungen sollte ich beim Schärfen beachten?
Sicherheit geht vor! Trage immer Schutzhandschuhe und -brille, um dich vor Metallsplittern und Schleifstaub zu schützen. Achte auch darauf, stabile Unterlagen zu verwenden, damit nichts rutscht.Warum ist es wichtig, den richtigen Winkel beim Schärfen zu halten?
Der Winkel entscheidet über die Schärfe und Haltbarkeit der Schneide. Ein zu flacher Winkel macht die Klinge scharf, aber weniger haltbar; ein zu steiler Winkel macht sie robust, aber weniger scharf. Ein goldener Mittelweg ist oft das Ziel.Sollte ich beim Schärfen Öl oder Wasser verwenden?
Das hängt vom Schärfwerkzeug ab. Wassersteine erfordern Wasser, während Ölsteine mit Schleiföl verwendet werden. Beachten Sie stets die Herstellerangaben.Was ist beim Schärfen von Sägeblättern zu beachten?
Sägeblätter erfordern spezielle Feilen und Techniken, da jeder Zahn einzeln geschärft werden muss. Es ist wichtig, den richtigen Feilenwinkel einzuhalten und regelmäßige Muster zu folgen.Kann ich eine elektrische Schleifmaschine für alle meine Werkzeuge verwenden?
Elektrische Schleifmaschinen sind praktisch, aber nicht für jedes Werkzeug geeignet. Feine und empfindliche Werkzeuge könnten beschädigt werden. Es lohnt sich, die Anleitung sorgfältig zu lesen und gegebenenfalls auf manuelles Schärfen zurückzugreifen.Wie lange dauert es, ein Werkzeug richtig zu schärfen?
Das hängt stark von der Art des Werkzeugs und seinem Zustand ab. Ein leicht stumpfes Messer kann in wenigen Minuten geschärft werden, während ein stark abgenutztes Werkzeug mehr Zeit und Sorgfalt erfordert.7. Ergänzung oder Frage von dir?
Gibt es eine Frage zum Beitrag, etwas zu ergänzen oder vielleicht sogar zu korrigieren?
Fehlt etwas im Beitrag? ... Jeder kleine Hinweis/Frage bringt uns weiter und wird in den Text eingearbeitet. Vielen Dank!
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